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Verfall des Urlaubsanspruchs zum Jahresende?

§ 7 Abs. 3 des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG) sieht vor, dass der Mindesturlaub von vier Wochen am Ende des Jahres verfällt, wenn er nicht gewährt und in natura genommen wird. Eine Übertragung auf das Folgejahr ist nur vorgesehen, wenn der Urlaub aus dringenden betrieblichen oder persönlichen Gründen nicht im laufenden Jahr genommen werden konnte. Auch dann muss der Urlaub bis zum 31. März des Folgejahres genommen werden; sonst verfällt der Urlaubsanspruch.

Informationspflicht des Arbeitgebers

Doch so einfach ist es nicht: Neben dem Bundesurlaubsgesetz muss auch die EU-Richtlinie 2003/88/EG beachtet werden. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH, Urteil vom 06. November 2018 – C-684/16) und des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil vom 19. Februar 2019 – 9 AZR 541/15) verfällt der Urlaub nicht automatisch am Ende des Kalenderjahres oder im anschließenden Übertragungszeitraum. Vielmehr muss der Arbeitgeber kooperativ sein: Er muss seine Mitarbeiter rechtzeitig auf das Risiko des Urlaubsverlustes hinweisen und sie auffordern, den nicht genommenen Urlaub zu nehmen. Nur unter diesen Voraussetzungen erlischt der Urlaubsanspruch.

Urlaubsanspruch verjährt nach drei Jahren

Ohne diese Mitteilung verfällt der Urlaub nicht am Jahresende, sondern wird dem Urlaubsanspruch des nächsten Jahres zugeschlagen. Auf diese Weise können im Laufe der Jahre immer höhere Urlaubsansprüche entstehen. Der EuGH hatte weiter über die Frage zu entscheiden, ob Urlaubsansprüche, wenn sie nicht am Jahresende erloschen sind, noch der regelmäßigen dreijährigen Verjährungsfrist der §§ 195, 199 BGB unterliegen. Diese Frage hatte das Bundesarbeitsgericht dem EuGH bereits vor zwei Jahren vorgelegt  (BAG, Urteil vom 29. September 2020 – 9 AZR 266/20). Nun hat der EuGH entschieden (EuGH Urteil vom 22. September 2022 – C-120/21):

Der Arbeitgeber kann sich auf die Verjährung von Urlaubsansprüchen nach drei Jahren nur berufen, wenn er zuvor seinen urlaubsrechtlichen Informations- und Mitwirkungspflichten nachgekommen ist. Andernfalls hat der Arbeitgeber selbst dazu beigetragen, dass die Urlaubsansprüche angewachsen sind. Der Arbeitgeber kann sich dann nicht auf die Verjährung dieser Ansprüche berufen.

Anders verhält es sich bei langjährig Beschäftigten: Hier hat der EuGH ein geschütztes Interesse des Arbeitgebers anerkannt. In diesen Fällen verfallen die Urlaubsansprüche fünfzehn Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie entstanden sind, d.h. am 31. März des übernächsten Jahres.

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