Verfall von gesetzlichem Mindesturlaub – Langzeiterkrankung – Wirksamkeit vertraglicher Ausnahmeregelung – BAG, 15.07.2025 – 9 AZR 198/24
Hintergrund
Eine Pflegekraft war von 2015 bis 2023 dauerhaft krank. Sie konnte deshalb ihren Urlaub nicht nehmen und verlangte nach Ende des Arbeitsverhältnisses Geld für 144 Urlaubstage (ca. 17.000 € brutto). Der Arbeitgeber wollte nicht zahlen und meinte, der Urlaub sei längst verfallen.
Streitpunkt
- Gesetzlicher Mindesturlaub verfällt bei Langzeiterkrankung nach bisheriger Rechtsprechung normalerweise 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres.
- Im Arbeitsvertrag der Klägerin stand aber ausdrücklich: Wenn wegen Krankheit kein Urlaub genommen werden kann, bleibt der gesetzliche Urlaub bestehen (kein Verfall).
Entscheidungen der Gerichte
- Arbeitsgericht Wuppertal (2023): Klage abgewiesen.
- LAG Düsseldorf (2024): Klägerin bekommt Geld.
- BAG (2025): Bestätigung des LAG – Arbeitgeber muss zahlen.
Begründung des BAG
- Der Arbeitsvertrag enthält eine eigene Regelung, die besser für die Arbeitnehmerin ist als die kirchlichen Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR).
- Diese Regelung verhindert den Verfall des gesetzlichen Mindesturlaubs bei Krankheit.
- Damit standen der Klägerin am Ende noch 144 Urlaubstage zu.
- Diese mussten in Geld ausgezahlt werden (ca. 16.900 € plus Zinsen).
- Das kirchliche Selbstbestimmungsrecht ändert daran nichts, da staatliches Arbeitsrecht vorrangig ist.
Ergebnis
- Die Klägerin erhält die volle Urlaubsabgeltung.
- Der Arbeitgeber muss ca. 16.900 € brutto plus Zinsen zahlen.
- Kernbotschaft: Wenn im Arbeitsvertrag steht, dass Urlaub bei Krankheit nicht verfällt, gilt das – auch wenn kirchliche Arbeitsrichtlinien oder die übliche 15-Monats-Frist etwas anderes sagen.